In einem Gemeinschaftsprojekt zweier Künstlerinnen wird die Geschichte und Gegenwart des Hochhauses am Kolberger Platz und seiner Bewohner:innen anhand einer Ausstellung erzählt. Dieses Projekt wird vom „Kulturfunken“ Lübeck gefördert.
Der Ort und seine Geschichte
Das Hochhaus am Kolberger Platz wurde 1958 im Stadtteil St. Lorenz Süd in Lübeck fertig gestellt. Es ist ein markanter Punkt der sogenannten „Papageiensiedlung“. Dieses städtebauliche Vorzeigeprojekt ist in den 1950er Jahren auf ehemaligem Kleingartengelände entÂstanden. In der Nachkriegszeit herrschte in Lübeck schwere Wohnungsnot, da etwa 90.000 Flüchtlinge und Heimatvertriebene aus dem Osten nach Lübeck geÂkommen waren.
Im Dezember 1954 wurde der Grundstein für die neue Siedlung gelegt, die mit über 900 Wohnungen mehr als 3.000 Menschen ein neues Zuhause bieten sollte. Das zwischen Moislinger Allee, Wendischer Straße und Margarethenstraße gelegene Baugebiet war etwa 13,5 Hektar groß. Die Bauplanung übernahm die gewerkschaftseigene Wohnungsbaugesellschaft „Neue Heimat“, die damit den bekannten Architekten Ernst May beauftragte. Der Architekt wollte eine Siedlung mit hoher Wohnqualität schaffen, durchdrungen von Grünflächen und städtebaulich ansprechend gegliedert mit dem Hochhaus als zentralem Blickfang. Die neuen Straßen in der Siedlung wurden nach Städten aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten benannt – ein wertschätzendes Zeichen für die von dort stammenden Lübecker Neubürger. Ende 1956 waren die ersten Wohnungen bezugsfertig. Mit der Fertigstellung des 12-geschossigen Hochhauses – seinerzeit dem höchsten Wohngebäude in der Stadt – wurde der Bau der Siedlung abgeschlossen.
1988 übernahm die städtische Wohnungsbaugesellschaft TRAVE insgesamt 3.500 Wohnungen von der Gesellschaft „Neue Heimat“, die wegen Misswirtschaft aufgelöst werden musste. St. Lorenz Süd galt seinerzeit als wenig attraktive Wohngegend. Wer es sich leisten konnte, zog weg. Im Zuge des Projektes „Soziale Stadt“ wurden seit dem Jahr 2000 jedoch neue Konzepte für den Stadtteil entwickelt.
Das Hochhaus heute
Im Hochhaus befinden sich auf zwölf Geschosse verteilt heute 116 Wohnungen mit 1 - 3 Zimmern.
In der Ladenzeile im Erdgeschoss sind heute ein NachbarÂschaftsbüro, eine Wohnberatung für Senioren, das Hauswartbüro der TRAVE, ein Secondhandladen vom DRK sowie eine Ausgabestelle der Tafel ansässig. Die meisten Menschen leben wieder gerne im Hochhaus.
Das Ausstellungsprojekt
In Form einer Ausstellung, die auf den Fenstern der Ladenzeile großflächig präsentiert wird, dokumentieren historisches Archiv- und Fotomaterial von der Geschichte des Hauses. In einem zweiten Ausstellungsteil zeigen aktuelle Fotos Menschen, die im Haus wohnen oder arbeiten. Diese werden ergänzt durch Erzählungen über das Leben im Hochhaus heute.
Die Macherinnen
Sibylle Ostermann ist Diplom-Fotodesignerin und führte fast 40 Jahre ein Fotoatelier im RuhrgeÂbiet. Sie liebt die Herausforderung, die Eigenart eines Menschen in einem Porträt charakteristisch herauszuarbeiten.
Karen Meyer-Rebentisch lebt seit fast 30 Jahren in Lübeck und hat sich als Historikerin und AusÂstellungsmacherin einen Namen gemacht. Bei diesem Projekt ist die Verbindung historischer Recherche mit aktueller Fotografie besonders reizvoll für sie.
Text und Foto: Karen Meyer-Rebentisch und Sibylle Ostermann